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Dienstag, 27. Januar 2015 16:33

Gedenken ist wichtiger denn je - ein Open Post zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, 27.01.2015

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Dies ist der "Repost" eines aktuellen Beitrags des Projektes "die goldene Rose", das von JadBJad auch unterstützt wird. Auf Grund der Aktualität des Themas haben wir es in voller Länge hier nochmal "abgedruckt.

 

Am 27. Januar, heute, begehen wir den internationalen Holocaust-Gedenktag. Immerhin der 70. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz durch sowjetische Soldaten am 27. Januar 1945.
Wie jedes Jahr gibt es große Gedenkveranstaltungen, die auch gut besucht sind und eine Vielzahl feierlicher Erklärungen. Gut, dass es so ist und deshalb möchten wir uns bei allen Initiativen, Verbänden und Vereinen bedanken, die jedes Jahr aufs Neue zum Holocaust Gedenktag zu zahlreichen Veranstaltungen einladen. Ein besonderer Dank gilt der Initiative 27. Januar, die im Raum München aktiv ist.

27Januar2015 Gedenken Opfer Nationalsozialismus Holocaust AntisemitismusDie entscheidende Frage nach der Form des Gedenkens
Die Frage ist allerdings, ob man den Gedenktag an die Schoa „begehen" sollte, wie man Weihnachten und Ostern begeht. Denn so weit ist es schon gekommen. Die feierlichen Worte, die gesprochen werden, berücksichtigen nämlich nicht die gegenwärtige Realität der Juden, zum Beispiel in Großbritannien und Frankreich, wo viele ihre Zelte abbrechen, um nach Israel, dem einzig sicheren Hafen im 21. Jahrhundert, auszuwandern. Aber auch in Deutschland steigen die antisemitischen Übergriffe stetig an.
Wie schlecht es um das Gedenken und die Verbindung mit der Gegenwart bestellt ist, zeigt eine dpa Meldung zu einer Studie, nach der sich eine große Mehrheit der Deutschen nicht mehr mit dem Holocaust beschäftigen will. Man möchte diesen verhängnisvollen Teil der Geschichte hinter sich lassen und sich den gegenwärtigen Problemen widmen.

Die aktuelle Wirklichkeit – Antisemitismus und andere Ausgrenzung ist Realität
Schauen wir uns jedoch die gegenwärtige Situation an, dann ist erschütternd festzustellen, dass das, was die meisten hinter sich lassen wollen, erschreckend aktuell ist.
Ob es die antisemitischen Posts auf Facebook im Sommer 2014 sind oder die wieder offen auftretenden nationalistischen Töne auf den sogenannten „Montagsdemos". Die Gefahr, dass die Geschichte sich angesichts extremer wirtschaftlicher und politischer Probleme wiederholt, ist gerade heute gegeben, denn die Zahl der Zeitzeugen nimmt stetig ab. So werden wir heute - und dies ist mit am schlimmsten - mit einer Verharmlosung des Antisemitismus konfrontiert. Obwohl Statistiken belegen, dass der Antisemitismus in Deutschland steigt, findet keine ernsthafte Auseinandersetzung mit diesem Phänomen statt. Lieber schließt man die Augen und hüllt sich in Schweigen oder versteckt sich hinter Worthülsen.

Heute werden Kränze verschickt und viele feierliche Reden gehalten. Hat man dabei jedoch den Mut, dem modernen Antisemitismus ins Auge zu blicken? Ihn mit dem Namen zu nennen? Gründe herauszuarbeiten und Lösungen aufzuzeigen? Oder ist man in der weitverbreiteten Mentalität, die immer wieder herauskehren will, dass wir uns doch alle lieb haben, verhaftet. Dies hat allerdings mit Gedenken absolut nichts zu tun.

Aktives statt passives Gedenken

Albert Einstein sagte:
„Die Zeit ist überhaupt nicht so, wie sie scheint, sie bewegt sich nicht nur in eine Richtung und die Zukunft existiert gleichzeitig mit der Vergangenheit."

Vergangenheit ist nicht einfach nur vergangen und vergessen, sondern höchst aktuell. Zeit ist nicht der entscheidenden Faktor, sondern der Mensch mit seinen Herausforderungen. Wie Menschen mit welchen Folgen in bestimmten Situationen in der Vergangenheit gehandelt haben, können wir nachlesen und analysieren. Wenn wir erkennen, dass wir die gleichen Herausforderungen wie sie haben, dann haben wir die Möglichkeit ihr Verhalten korrigieren oder wiederholen. Meistern wir unsere Herausforderung, dann haben wir etwas aus der Vergangenheit gelernt und können unsere Gegenwart und Zukunft zu einem besseren gestalten, ansonsten wiederholen wir die Geschichte.

Wir tendieren allerdings dahin, dass wir besonders unangenehme Situationen verdrängen und vergessen. Der Begründer des Chassidismus Baal Schem Tow sagte:

„Vergessen ist Verbannung und Erinnerung ist Erlösung."

Ich begebe mich also selbst im hier und heute und auch in der Zukunft in die Verbannung, wenn ich nicht bereit bin mich an Vergangenes zu erinnern.

Die Kunst des Erinnerns
Doch wie erinnere ich mich? Was soll im Vordergrund stehen? Alles Negative? Das schlechte Gewissen? Die Scham? Oder möchte ich nur gute Erinnerungen zulassen?
Es gibt offensichtlich eine Kunst der Erinnerung. Dazu gehört die Bereitschaft, Fehlern und vor allem dem Schrecken der Vergangenheit in die Augen zu schauen, sich zu fragen, warum sie geschehen sind und darüber nachzusinnen, wie man es besser machen kann. Sich erinnern ist nichts Passives, sondern ein sehr aktiver Vorgang, der vor allem Aufmerksamkeit erfordert.

Heute am 27. Januar 2015, am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, ist diese Botschaft also 70 Jahre nach der Schoa aktueller denn je.

Die Frage, die sich aber stellt, ist nicht ob wir uns genug erinnern, sondern ob wir die Essenz dieses Gedenkens für die Gestaltung unserer Zeit verinnerlicht haben. Erst wenn das gelingt haben wir in rechter Art und Weise gedacht.

Das Projekt „die goldene Rose" – für eine positive Gestaltung unserer Gegenwart
Abschießend möchten wir hier auf das Projekt die "goldene Rose" hinweisen, das sich zum Ziel gesetzt hat eine lebendige Erinnerungskultur zu schaffen, in der der Umgang mit der Vergangenheit eine positive Gestaltung unserer Gegenwart und Zukunft auf ethischen Grundlagen zulässt. Dazu ist für den Sommer ein Jugendprojekt geplant

Wir brauchen Ihre Unterstützung!

München, den 27.Januar 2015

 

Wir denken, dass dies ein sehr wichtiger Weckruf heute ist.

Gelesen 43956 mal Letzte Änderung am Dienstag, 27. Januar 2015 16:54

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